Donnerstag, 21. November 2013
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Nina.
Ein mir sehr nahestehender Mensch, wäre heute 92 geworden.
Wir lernten uns 1994 kennen und schätzen und lieben.
Daraus erwuchs eine wunderbare Freundschaft, die wir bis zuletzt aufrecht erhielten.
Oft sahen wir uns monatelang nicht, schrieben dafür und schickten uns Kleinigkeiten.
Manchmal wohnte ich aber auch alleine und später zusammen mit meinem Kind lange bei ihr in ihrer riesigen und wunderbar eigenen Wohnung. Sie war die einzige Angehörige bei der Taufe meines Kindes.

In den Tagen, in denen es auf ihr Sterben zuging, wurde ich sehr krank und seitdem nie wieder gesund.
Ich war selber so krank, dass ich lange nichts machen konnte und erst Wochen nach ihrem Tod in einem Brief erfuhr, dass sie Ende März 2006 verstorben sei. Kurz nachdem ich ihren letzten, unversandten Brief zusammen mit der Todesnachricht erhalten hatte, starb auch noch meine geliebte Oma am 22. Mai 2006.

Beide sind immer in meinem Herzen und das, was sie mir geschenkt haben, ihre Liebe und - ihr Humor, auch wenn er mir in den letzten Jahren abhanden zu kommen scheint.

Es wäre schön, so zu werden, wie sie es im Alter waren.



Nina, 1998.

Aus ihrem letzten Brief:
"Guten Tag, meine Hübschen...!
Ich wünsche Euch nur das Allerbeste und vor allem Gesundheit, Frieden und Liebe.
Am 1. Dezember habe ich Eure Glückwünsche erhalten, die mich sehr froh gemacht haben, besser später als nie (die russische Post...), einen großen Dank.
Ich mache mir Sorgen um Euch, Ihr seid so allein....
Es gibt momentan keine Deutschen hier und keinen, der nach Deutschland fährt, dem ich etwas mitgeben könnte. Am 6. Dezember war ich bei der Post und sagte, ich würde gerne eine Banderole abschicken, aber da sagte man mir:
Oma, es gibt keine Banderolen mehr und ein Päckchen würde 150 Rubel kosten. Soviel Geld habe ich nicht und so bin ich dann wieder nach Hause gegangen und war ganz enttäuscht. Soviel Geld für Schokolade und denke, mit wem ich das jetzt abschicken könnte. Habe mit Intourist telefoniert, ob sie keine Gäste haben, habe dann bei X. angerufen, aber ihre Tochter habe gerade geheiratet und erwarte in Kürze ein Kind und führe nirgendwohin. Ich bin sauer. Nichts klappt so, wie man sich das vorstellt. Kommt Ihr nicht hierhin?.....
Ich schreibe und es ist schon zwei Uhr nachts, aber ich will nicht schlafen, lege mich erst um sieben ins Bett. So eine Bekloppte bin ich.
....
Zum kommenden Weihnachtsfest wünsche ich Euch, meine Geliebten, dass Gott und die Gottesmutter Euch beschütze...."



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Wie es auch dort aussehen wird.



Allein die Tatsache, dass wir lebend und tot ein Teil des Kosmos sind und bleiben, ist tröstlich.

Es berührt keine Glaubensfrage.

Trotzdem glaube ich an Gott.



Aber ganz ohne Bart.